
29.04.2003
Besuch in Gossensass
Entsprechend unserer Zielstellung, die Stadt Gera in Einheit von Tradition, Innovation und Leidenschaft weiter nach außen zu öffen und bekannt zu machen (Baustein 5) wurde am 29./30.04.03 der Brennergemeinde Gossensaß in Südtirol ein erster Besuch abgestattet.
Die Verbundenheit im gemeinsamen Andenken an Dr. Eduard Amthor, zu dessen Ehren die Gossensasser die Hünerspielspitze in Amthorspitze umbenannten, hat diesen Kontakt zustande kommen lassen.
Am 29.04.03 trafen wir bei herrlichem Sonnenschein in der kleinen Brennergemeinde Gossensass ein. Wir wurden vom Kulturassessor, Herrn Dr. Kofler, herzlich begrüßt und zu einem ersten Gespräch ins Rathaus eingeladen.
Dort erhielten wir einen interessanten Überblick zur wechselhaften Geschichte Südtirols und einige Informationen, speziell zur Gemeinde Gossensass. Es wurde eine Einladung zum gemeinsamen Abendessen ausgesprochen.
Danach konnten wir uns einen ersten Eindruck vom Ort selbst verschaffen und unser Hotel in Augenschein nehmen.
Der Abend verlief sehr gesellig. Neben dem Bürgermeister der Gemeinde, Herrn Egartner, dem Kulturassessor, Herrn Dr. Kofler, dem freien Mitarbeiter, Herrn Dr. Ennemoser, nahmen noch weitere Gemeindevertreter teil. Darüber hinaus war die Familie Amthor aus Hilgertshausen in Bayern zugegen. Herr Amthor beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit der Geschichte des Dr. E. Amthor und hat hier bereits sehr umfangreiches und wertvolles Material zusammengetragen.
Im Ergebnis der Gespräche wurde das beiderseitige Interesse, sowohl von Seiten des Vereins "Ja - für Gera" e. V. als auch von Seiten der Gemeinde Gossensass geäußert, schrittweise Möglichkeiten zu erschließen, um langfristig eine Partnerschaft aufzubauen.
Vor unserer Abreise am nächsten Tag wurden wir nochmals durch Herrn Dr. Ennemoser über sehr viele geschichtliche Hintergründe der Entwicklung Südtirols und der Brennergemeinde informiert, es konnten wertvolle geschichtliche Dokumente eingesehen werden Zum Abschluß erfolgte ein Kirchenrundgang.
Wir bedanken uns an dieser Stelle nochmals für die gute Betreuung und erwarten in den nächsten Wochen einen Gegenbesuch, um die Stadt Gera und ihre interessante Umgebung vorzustellen.
Jetzt noch einige geschichtliche Informationen.
Wer war Dr. Eduard Amthor?
E. Amthor wurde am 17. Juli 1820 in Themar (Thüringen) geboren. 1838 begann er in Leipzig ein Studium der Theologie und der Orientalischen Sprachen. 1842 verlieh ihm die Universität Jena den Grad eines Doktors der Philosophie. Er wollte Diplomat in einem der Länder des Orients werden, was ihm leider nicht gelang.
1847 heiratete er, zog nach Hildburghausen und gründete dort 1849 eine Kaufmanns- und Fabrikantenschule, ein Jahr später eine Fortbildungsanstalt für Mädchen.
Am 1. Mai 1853 eröffnete er in Gera seine Amthorsche Handelsschule, die 1868 in die qualifizierten Anstalten des Landes aufgenommen wurde. Dr. E. Amthor leitete die Schule bis 1883 und musste dann aus gesundheitlichen Gründen alle Aktivitäten einstellen. Er starb am 3. Juli 1884.
Dr. E. Amthor unterhielt Buchverlage in Gera, Leipzig, Augsburg, Wien und Innsbruck, 1885 wurde die Amthor´sche Verlagsbuchhandlung der königlich bayerischen Hofdruckerei in Augsburg angegliedert, ihr Hauptsitz blieb jedoch in Gera/ Leipzig.
Es wurden Bücher über Handel und Wirtschaft, Lyrik, Pflanzen und Tiere, Landwirtschaft, Landeskunde und Reiseführer verlegt.
In seinen Reiseführern stand die Entwicklung der Alpenregion, speziell für Tirol und auch Gossensass, im Vordergrund. Seine Reisebeschreibungen waren Produkt aus Beruf und Berufung und trugen wesentlich zum Erfolg der beginnenden Tourismusbewegung in Tirol bei. Etwa zeitgleich mit dem ersten Amthor´schen Reiseführer, dem „Tirolerführer" kam auch der „Alpenfreund"; heraus. Er ergab letztendlich ein 11-bändiges Buchwerk und bildete die kulturelle Ergänzung zu seinen Reiseführern. Mit dem „Alpenfreund"; erstellte Dr. E. Amthor eine der größten und bedeutendsten Sammlungen an Alpenschilderungen seiner Zeit und wahrscheinlich sogar bis heute.
Mit dem Ende des ersten Weltkrieges, dem Untergang des Deutschen Kaiserreiches und der Donaumonarchie verliert sich auch die Spur des Dr. E. Amthor, keines seiner Werke wurde danach wieder überarbeitet und erneut herausgegeben. So kam es, dass eine zu seiner Zeit so hoch geachtete Person bis heute fast völlig in Vergessenheit geraten wäre, wenn nicht die damaligen Tiroler und speziell die Gossensasser ihm ein markantes und immer währendes Zeichen ihrer Hochachtung gesetzt hätten.
In Gera wurden nach ihm die Amthorstraße, der Amthordurchgang und die Amthorpassage benannt.
(Auszüge aus „Auf den Spuren von Dr. Eduard Amthor in und um Gossensass"; von Herrn Klaus Amthor aus Hilgertshausen/ Bayern)
Die Brennergemeinde Gossensass
Im Brennerraum formten sich wie auch im übrigen Tirol Klein- und Kleinstgemeinden. Diese waren Gossensass, Pflersch und Brenner. Gossensass wurde wegen seiner Fremdenverkehrswirtschaft in der Zeit des Nobeltourismus von Kaiser Franz Josef I. 1908 zum Marktflecken erhoben. Die Eröffnung der Brennereisenbahn brachte die ersten Gäste. Durch den Bau von Nobelhotels entstand ein namhaftes Fremdenverkehrszentrum, das bis Ausbruch des ersten Weltkrieges internationalen Ruf erlangte.
Nach der Annexion Südtirols durch Italien wurden die drei Gemeinden zur Gemeinde Brenner zusammengelegt. 1929 wurde Gossensass Sitz der Gemeinde. Der Brenner wurde durch die politischen Ereignisse Grenzort zwischen Österreich und Italien und in der Folge Trennwand zwischen Nord- und Südtirol.
Die Europäische Union machte es möglich, dass man seit 1. April 1998 wieder ungehindert ohne Ausweis- und Warenkontrolle über den Brenner fahren darf. Der Brennerpass erhält wieder seine ursprüngliche, verbindende Funktion zurück, er soll die europäischen Völker des Nordens und Südens nicht trennen, sondern zusammenführen.
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